Aktuelle News · 12.07.2023

Marktkommentar: Halbjahresbilanz und ein Blick nach vorn

Aus dem Pfadfinder-Brief Nr. 07 vom 04. Juli 2023, von Daniel Haase, Fondsmanager und Vorstand beim Hamburger Vermögensverwalter HAC

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Aktien Allgemein Marktkommentar

Autor*in Tobias Gabriel

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

wenn wir auf das erste Halbjahr 2023 zurückblicken. Was waren in all dem Nachrichten-Rauschen möglicherweise relevante Entwicklungen, die uns eine Ahnung davon vermitteln, was die Zukunft für uns parat hält? Hier eine Auswahl:

  1. Die Russland-Sanktionen wirken – jedoch ganz anders als es sich der Westen erhofft hat: Die Handelspartner Russlands, des Irans und Venezuelas können Öl & Gas mit signifikanten Rabatten auf den Weltmarktpreis erwerben. Dies stärkt die Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder erheblich. Hinzu kommt, dass sie ihre Energierechnung nicht mehr in US-Dollar begleichen müssen, sondern in eigener Währung oder Renminbi zahlen können. Die Abhängigkeit von der US-Politik sinkt und die Notwendigkeit US-Dollar Reserven für Notfälle vorhalten zu müssen sinkt ebenfalls. Der Handel zwischen China und Russland boomt. Indien und Russland stehen kurz vor einem Freihandelsabkommen.
  2. Europa hat zwar den ersten Sanktionswinter – nicht zuletzt aufgrund des milden Wetters – glimpflich überstanden, doch an der grundsätzlich verfahrenen Situation hat sich wenig verbessert: Seine Energie erhält es nicht mehr verlässlich und günstig aus Russland, sondern deutlich teurer und weniger verlässlich aus anderen Teilen der Welt (Ausnahme: heimische Kohle!). Obendrein wird die Rechnung für Energieimporte nicht mehr in Euro bezahlt, sondern in US-Dollar. Eine Politik, die ihr Möglichstes versucht, um den daraus resultierenden Wettbewerbsnachteilen für europäische Unternehmen nachhaltig entgegenzuwirken, ist nicht erkennbar. Im Gegenteil: Deutschland schaltet die letzten drei verbliebenen AKW im Frühjahr ab und Berlin wie Brüssel überziehen ihre Volkswirtschaften mit weiteren hochbürokratischen Auflagen. Im Ergebnis investieren immer weniger Unternehmen in Deutschland und immer mehr deutsche Unternehmen im Ausland (s. Abb. 2).
  3. Reiche Russen und Chinesen werden vermutlich auch weiterhin den Wunsch verspüren, Teile ihres Vermögens dem Zugriffsbereich ihrer Regierungen zu entziehen. Doch ihr Wunsch, Immobilien, Aktien oder Staatsanleihen in Westeuropa oder den USA zu kaufen, dürfte schrumpfen. Wohin auch immer dieses Geld wandern wird: dort bieten sich große Chancen.
  4. Auf Vermittlung von China und Russland scheint sich der langjährige Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran im Nahen Osten zu entspannen. Wenn diese Entwicklung anhält, kann es für alle Beteiligten eine Friedensdividende geben: Die Notwendigkeit, viel Geld (im Fall von Saudi-Arabien US-Dollar) für Waffen auszugeben, schrumpft und eröffnet Möglichkeiten, diese Gelder in die Weiterentwicklung der eigenen Volkswirtschaften zu investieren.

Das beschriebene Umfeld spricht meines Erachtens dafür, traditionelle Risikoeinschätzungen zu überdenken. Während sich für den Westen und hier vor allem für Europa das Wettbewerbsumfeld nachhaltig verschlechtert und die politischen Risiken zunehmen, könnten eine Reihe von Schwellenländern auf eine Phase sinkender Risiken zusteuern (d.h. stabilere Währungen, höheres Wachstum bei moderater Inflation und Zinsen, höhere Aktienbewertungen).

Sind 10jährige französische Staatsanleihen zu 3% in Euro (6% Inflation) heutzutage wirklich sicherer als beispielsweise 10jährige brasilianische Staatsanleihen zu 11% in Real (bei 3% Inflation)? Und selbst, wenn die Zeiten unsicherer werden, was wollen Sie lieber dann halten? Festverzinsliche Euro-Staatsanleihen und Bankguthaben oder Aktien von international erfolgreich agierenden Unternehmen? Meine Wahl ist klar:

Das aktuelle Umfeld spricht weiter für aktives Risikomanagement als auch für eine regelbasierte, am Anlegerinteresse ausgerichtete Aktienauswahl. Wir sehen uns mit unseren Strategien dafür gut aufgestellt.

Herzlichen Grüße
Ihr Daniel Haase

PS: Der nächste Pfadfinder-Brief ist für den 1. August 2023 geplant.

ÜBER Daniel Haase

Daniel Haase (geb. 1976, Mecklenburg) ist Fondsmanager und Vorstand der HAC VermögensManagement AG in Hamburg. Die Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands zeichnete sowohl die von ihm entwickelten Methoden zur Trendanalyse (2009) als auch jene zur Aktienauswahl (2019) mit VTAD Awards aus. Seit 2015 ist der gelernte Bankkaufmann beim Hamburger Vermögensverwalter HAC als Vorstand für das Asset Management zuständig. Nachdem der Marathon Stiftungsfonds (WKN: A143AN) des Hamburger Finanzhauses auch den Corona-Crash erfolgreich meisterte, verliehen die Ratingagenturen FWW und Morningstar dem Fonds im Sommer 2020 die bestmögliche Bewertung von fünf Sternen. Sein Marktkommentar (Pfadfinder-Brief) erscheint alle zwei Wochen und ist Bestandteil des Community-Premium-Pakets.

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