Aktuelle News · 13.09.2021

Ratgeber: Erbbaurecht – Grundstück pachten statt kaufen

Nur die Immobilie besitzen, nicht aber das Grundstück: Das Erbbaurecht (auch Erbpacht) genannt bietet eine Alternative zum Grundstückskauf und macht den Immobilienerwerb somit günstiger. Wie das funktioniert, worauf Sie achten sollten und wie Sie Risiken umgehen, erfahren Sie hier.

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Finanzratgeber

Autor*in Tobias Gabriel

Immobilien mit Erbbaurecht: Pachten statt kaufen

Nur die Immobilie besitzen, nicht aber das Grundstück: Das Erbbaurecht (auch Erbpacht) genannt bietet eine Alternative zum Grundstückskauf und macht den Immobilienerwerb somit günstiger. Wie das funktioniert, worauf Sie achten sollten und wie Sie Risiken umgehen, erfahren Sie hier.

Auf einen Blick: So funktioniert das Erbbaurecht

  • Wenn Sie eine Immobilie mit Erbbaurecht erwerben, bleibt das Grundstück im Besitz einer dritten Person (Erbbaugeber). Sie kaufen also nur die Immobilie selbst (bzw. bauen ein Haus) – nicht das Grundstück.
  • Da nur die Immobilie und nicht das Grundstück erworben wird, ist der Kaufpreis deutlich geringer als bei einem normalen Immobilienerwerb und so für viele bezahlbar.
  • In einem Erbbaurechtsvertrag wird festgehalten, dass Sie als Käufer (Erbbaunehmer) das Grundstück gegen die Zahlung einer jährlichen Gebühr (Erbbauzins) nutzen dürfen.
  • Diese Verträge werden bzw. wurden in der Regel für 99 Jahre abgeschlossen und bei einem Verkauf vom neuen Erbbaunehmer übernommen.
  • Nach Ende der Laufzeit fallen Grundstück und Gebäude zurück in den Besitz des Erbbaunehmers. Er muss Sie bzw. Ihre Erben allerdings mit in der Regel 2/3 des Immobilienwerts entschädigen.

1. Erbbaugeber Wer bietet Grundstücke zur Pacht an?

Erbbaugeber sind häufig die Stadt bzw. Gemeinde oder die Kirche vor Ort. Sie wollen ihre Grundstücke nicht veräußern, aber trotzdem Wohnungsbau ermöglichen. Familien mit Kindern erhalten in der Regel sogar Vergünstigungen. Vereinzelnd gibt es auch private Erbbaugeber.

2. Erbbauzins: Wie hoch sind die Kosten der Erbpacht?

Beim Erbbaurecht zahlt der Käufer dem Erbbaurechtsgeber/Grundstücksbesitzer einen jährlichen Zins. Wie hoch dieser ist, hängt stark davon ab, wann der Erbbaurechtsvertrag geschlossen wurde:

  • Bei Altverträgen ist eine Erbpacht von grade einmal 100 Euro pro Jahr oder weniger üblich.
  • Bei neueren Verträgen kann der Erbzins mehr als 250 Euro pro Monat betragen, was die Haushaltsrechnung auf Dauer spürbar belastet.
  • In der Regel können Sie von 3 bis 5 Prozent des Bodenwertes pro Jahr ausgehen.

Rechnen lohnt sich:

Bei einem monatlichen Erbbauzins von 200 Euro kämen in 50 Jahren 120.000 Euro Kosten zusammen. Vergleichen Sie die Summe mit den Grundstückspreisen in Ihrer Region. Womöglich ist Kaufen oder günstiger als Pachten.

3. Finanzierung: Erhalte ich einen Kredit für Erbbaurecht-Immobilien?

Banken haben strenge Vorgaben für die Finanzierung mit Erbbaurechten, denn: Da das Grundstück einer dritten Partei gehört, können sie sich Grundpfandrechte nur für die Immobilie selbst, nicht aber für den Grund und Boden sichern. Das Risiko für die Bank ist daher größer, was sich in einem geringeren Beleihungswert (also mehr Eigenkapital) und höheren Zinsen widerspiegelt.

  • In der Regel muss die Finanzierung (kalkulatorisch) 10 Jahre vor Ablauf des Erbbaurechtsvertrages zurückgezahlt werden. Wenn Sie also ein Objekt finden, dessen Vertrag noch 20 Jahre läuft, müssten Sie das Darlehen in 10 Jahren abbezahlt haben.
  • Die meisten Banken sind nur für Erbbaurechte empfänglich, wenn diese nicht von Privatpersonen, sondern von öffentlichen Institutionen wie der Stadt/Gemeinde oder der Kirche vergeben werden. Dies schränkt die Auswahl der Banken am Markt weiter ein.
  • Vereinzelt kommt es auch vor, dass der Erbbaurechtsvertrag festlegt, wie hoch das Grundbuch für den Kauf mit einer Grundschuld belastet werden darf. Das hat wiederum zur Folge: Das Sie mehr Eigenkapital einsetzen müssen.

Mit diesen Zinsen können Sie aktuell rechnen

Zinskompass September 2021
Beleihungsauslauf/Jahre Zinsbindung

Die abgebildeten Zinssätze ergeben sich aus der Kombination aus Beleihungsauslauf und Zinsbindung. Sie dienen nur als Anhaltspunkt. Ein Ausweis des Effektivzinses nach PAngV ist unabhängig von einer konkreten Finanzierungssituation nicht möglich. Zugrunde gelegte Rahmendaten: Beschäftigungsverhältnis: Angestellter, Objektort: Hamburg, Verwendungszweck: Kauf, Darlehenssumme: 250.000 € Tilgung: 2,5%, Sondertilgungsoption p.a.: 5%
Stand: 25.08.2021

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4. Vertragsauslauf: Was passiert nach der Erbpacht-Laufzeit?

Nach spätestens 99 Jahren läuft ein Erbbaurechtvertrag aus und das Grundstück fällt zurück in den Besitz des Erbbaugebers – samt dem Haus, das eigentlich Ihnen bzw. Ihren Erben gehört. Dieser wäre allerdings verpflichtet, die Immobilie über eine „angemessene Entschädigung“ (oft 2/3 des Wertes) an den Erbbaunehmer zu bezahlen. Kann er dies nicht, haben Sie bzw. Ihre Erben das Recht auf eine Verlängerung des Vertrages.

Andersherum haben Sie als Erbbaunehmer aber nicht das Recht, auf die Verlängerung zu verzichten und gleichzeitig eine Entschädigung zu fordern. Auch bei Vertragsverletzung (z.B. längerfristiger Zahlungsverzug oder nicht zugelassener Nutzung des Grundstückes) kann das Gebäude in den Besitz des Erbbaugebers fallen.

Welche Vorteile hat das Erbbaurecht?

  • Weniger Kapital nötig: Wenn Sie zu wenig Eigenkapital haben, um sich Grundstückskauf und Hausbau zu leisten, kann der Erwerb über ein Erbbaurecht eine Alternative sein.
  • Oft gute Lage: Grundstücke aus dem Besitz der Stadt/Gemeinde oder Kirche befinden sich oft in zentralen und begehrten Lagen (zum Beispiel im Stadtzentrum), die auf dem freien Markt nur schwer zu bekommen sind.
  • Bevorzugung von Familien: Kommunen und vor allem Kirchen vergeben Erbbaurecht-Grundstücke oft zu günstigen Konditionen an Familien. Bei Kirchen ist die Mitgliedschaft in der jeweiligen Religionsgemeinschaft in der Regel Voraussetzung.

Welche Nachteile hat das Erbbaurecht?

  • Sie sind nicht Eigentümer: Wenn Sie ein Haus auf fremden Grund und Boden bauen bzw. kaufen, gehört es Ihnen nur auf Zeit. Nach spätestens 99 Jahren fallen Grundstück und Gebäude (gegen eine Entschädigung) an den Erbbaurechtgeber zurück. Das ist vor allem dann ein Nachteil, wenn Sie Ihr Eigenheim an Kinder oder Enkel vererben wollen.
  • Abhängigkeit vom Erbbaurechtgeber: Der Grundstückseigentümer hat ein Mitspracherecht bei allem, was Sie auf dem Grundstück planen, zum Beispiel beim Anbau einer Garage. Wollen Sie das Haus verkaufen, hat der Erbbaurechtgeber ein Vorkaufsrecht.
  • Probleme bei der Finanzierung: Da das Kreditinstitut die Immobilie bei Zahlungsausfall nicht einfach zwangsversteigern lassen kann, ist die Finanzierung komplizierter und Sie brauchen in der Regel mehr Eigenkapital. 

Tipps, wie Sie die Risiken des Erbbaurechts eindämmen

  1. Achten Sie auf die Restlaufzeit
    Suchen Sie ein Objekt, bei dem der Erbbauzins nicht zu hoch ist, aber die Laufzeit auch nicht zu kurz. Um genug Zeit zu haben, die Baufinanzierung mit einer üblichen Tilgung zurückzuzahlen, sollte noch eine Restlaufzeit von ca. 45 bis 50 Jahren auf dem Vertrag vorhanden sein. Bei Erbbaurechtsverträgen mit kurzer Restlaufzeit könnten Sie erwägen, das Grundstück gleich mitzukaufen oder den Vertrag vorzeitig zu verlängern (Sie können das einfach beim Erbbaugeber erfragen).
  2. Pachten Sie von öffentlichen Erbbaurechtgebern
    Öffentliche Erbbaugeber wie Kommunen und Kirchen sind eher zu empfehlen als private. Sie sind meist berechenbarer und nutzen die Option der Erbpacht oft bewusst, um zum Beispiel Familien mit Kindern oder finanziell schwächeren Menschen ein Eigenheim zu ermöglichen.
  3. Lassen Sie ein Vorkaufsrecht in den Vertrag schreiben
    Achten Sie darauf, dass Sie ein Vorkaufsrecht erhalten, sollte der Erbbaugeber das Grundstück verkaufen.
  4. Achten Sie auf mögliche Pachterhöhungen
    Ähnlich wie die Miete kann auch die Pacht erhöht werden. Achten Sie darauf, dass der Erbbauzins an einen offiziellen Index – zum Beispiel den Verbraucherpreisindex – gekoppelt ist, um extreme Erhöhungen zu vermeiden. Noch besser ist es allerdings, wenn im Vertrag ein gleichbleibender Erbbauzins über die gesamte Laufzeit festgelegt wird.

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