Aktuelle News · 27.04.2022
Marktkommentar: Inflation erzwingt höhere Zinsen
Aus dem Pfadfinder-Brief Nr. 08 vom 23. April 2022, von Daniel Haase, Fondsmanager und Vorstand beim Hamburger Vermögensverwalter HAC
Jetzt lesen«Jede Kriegsführung gründet auf Täuschung … Die größte Leistung besteht darin,
den Widerstand des Feindes ohne einen Kampf zu brechen.»
Sunzi (chinesischer Militärstratege, Heerführer und Philosoph/Verfasser von
„Die Kunst des Krieges“, lebte im 5. Jahrhundert vor Christus)
«Um die bürgerliche Gesellschaft zu zerstören, muss man ihr Geldwesen verwüsten.»
Wladimir I. Lenin (1870-1924, russischer Revolutionär, Kommunistenführer, Diktator)
(Dieser Satz wird Lenin zugeschrieben, Original-Quellen sind jedoch nicht bekannt.)
«Nichts hat das deutsche Volk – dies muss immer wieder ins Gedächtnis gerufen
werden – so erbittert, so hasswütig, so hitlerreif gemacht wie die Inflation.»
Stefan Zweig (1881-1942, österreichischer Schriftsteller)
(Zitiert aus „Erinnerungen eines Europäers – Die Welt von gestern.“)
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
lt. Spiegel werden im Hafengebiet von Shanghai mehr Standardcontainer umgeschlagen als an jedem anderen Ort der Welt. Infolge des – selbst für chinesische Verhältnisse – äußerst rigiden COVID-Lockdowns stauen sich vor dem Hafen derzeit mehr als 300 Frachtschiffe. In Abb. 1 sind die aktuellen Handelsschiffe in der Nähe zur chinesischen Metropole abgebildet. Die Pfeile zeigen die Fahrtrichtung an.
Grüne Punkte markieren stillstehende Schiffe. Die ohnehin bereits arg strapazierten, internationalen Produktions- und Lieferketten dürften durch den Stillstand in Shanghai zusätzlichen Schaden nehmen. Knappheiten bei diversen Gütern und die damit einhergehenden Preissteigerungen sind absehbar. Ob es vielleicht sein könnte, dass nicht die Bekämpfung von COVID, sondern der durch die Störungen der Lieferketten verursachte, zusätzliche Stress – insbesondere für die bereits heftig inflationsgeplagte US-Wirtschaft – das Ziel der chinesischen Maßnahmen sein könnte? Das fragte sich ein Autor auf zerohedge.com. Der zur Covid-Bekämpfung vollkommen untaugliche Lockdown in Shanghai wäre in diesem Szenario nur ein Vorwand, um das eigentliche Ziel der chinesischen Regierung zu tarnen und sich so vor US-Vergeltung zu schützen. Ob die Gründe für den Lockdown tatsächlich jene sind, welche die Regierung in Peking vorgibt, werden wir wohl kaum in Kürze erfahren. Klar ist jedoch, dass die Knappheiten bei lebenswichtigen Gütern und Rohstoffen weltweit nicht nur ökonomischen, sondern auch erheblichen gesellschaftlichen Stress verursachen. Die Gründe für politische Konflikte nehmen zwangsläufig zu, wenn allgemeiner Überfluss allgemeiner Knappheit weicht.
Seit der 2008er-Finanzkrise haben die westlichen Zentralbanken über Jahre eine ultralockere Geldpolitik betrieben. Die Zinsen sanken bis auf Null und zuweilen sogar darunter. Die Kurse von Anleihen stiegen, als ob es nie wieder Probleme geben würde – weder mit der Bonität der Schuldner noch mit der Kaufkraft der Anleihewährung. Die Preise von Immobilien schossen in die Höhe, als ob Hypotheken leicht verfügbar und vor allem billig bleiben würden. Wer Preisabschläge für Risiken verlangte, wurde überboten. Solange sich die Inflation nur an den Anlagemärkten austobte, konnten die Notenbanken an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten. Doch der politische Wind ist dabei, sich zu drehen: Die Inflation sorgt für zunehmend mehr unzufriedene Wähler. Wie können sich Kapitalanleger in Zeiten zunehmender wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten effektiv schützen? Zum einen durch aktives Risikomanagement, zum anderen durch signifikant höhere Risikoprämien. Nun haben wir einen ersten Zinsanstieg gesehen, doch es dürften inflationsbedingt weitere folgen.
Als Anleger sollte man nun großen Wert auf höhere Risikoprämien legen. Unsere regelbasierte Aktienauswahl führte uns bereits in den zurückliegenden Monaten sukzessive zu entsprechenden Titeln. Die mittlere Gewinnrendite der Aktien des STIFTUNGSFONDS erhöhte sich so von 6% (KGV 16) im November 2021 auf aktuell über 9% (KGV 10-11). In unserer dynamischen Strategie ist die Rendite sogar zweistellig (KGV deutlich unter 10). In der Folge überstanden unsere Portfolien die Turbulenzen der zurückliegenden vier Monate besser als der Markt (s. Abb. 2).
Die Rückkehr der Risikoprämien ist grundsätzlich eine sehr gute Nachricht für Investoren, vorausgesetzt, sie haben ihre Hausaufgaben gemacht.
Herzliche Grüße
Ihr Daniel Haase
PS: Der nächste Pfadfinder-Brief ist für Samstag, den 07. Mai 2022, geplant.
ÜBER Daniel Haase
Daniel Haase (geb. 1976, Mecklenburg) ist Fondsmanager und Vorstand der HAC VermögensManagement AG in Hamburg. Die Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands zeichnete sowohl die von ihm entwickelten Methoden zur Trendanalyse (2009) als auch jene zur Aktienauswahl (2019) mit VTAD Awards aus. Seit 2015 ist der gelernte Bankkaufmann beim Hamburger Vermögensverwalter HAC als Vorstand für das Asset Management zuständig. Nachdem der Marathon Stiftungsfonds (WKN: A143AN) des Hamburger Finanzhauses auch den Corona-Crash erfolgreich meisterte, verliehen die Ratingagenturen FWW und Morningstar dem Fonds im Sommer 2020 die bestmögliche Bewertung von fünf Sternen. Sein Marktkommentar (Pfadfinder-Brief) erscheint alle zwei Wochen und ist Bestandteil des Community-Premium-Pakets.