Aktuelle News · 24.02.2023
Pro & Kontra: Sollte ich Dividenden-Aktien kaufen?
Während Dividenden in Deutschland meist im April und Mai ausgeschüttet werden, haben sie in den USA aufgrund der quartalsweisen Zahlung fast immer Saison. Allerdings sind die Ausschüttungen nicht für jedes Unternehmen sinnvoll. Lesen Sie hier, was für Dividendenstrategien spricht und dagegen.
Jetzt lesenDas Wichtigste in Kürze:
- Dividenden stellen für bestimmte Anlegergruppen einen wesentlichen Teil ihrer Einnahmen dar, wie z. B. für Rentner oder Privatiers. Man nennt dies auch „passives Einkommen“.
- Ausschüttungen von Gewinnen können bei Unternehmen ein Zeichen von Stabilität und Robustheit sein.
- Dividenden-Aktien weisen in Krisen häufig eine geringere Volatilität auf, weil sie in wirtschaftlichen schweren Zeiten trotzdem Erträge ausschütten.
- Dividenden schränken das Management im positiven Sinne ein, „Geld zum Fenster rauszuwerfen“, wie die Aktionäre es sonst entlassen könnten.
- Dividenden können jedoch kontraproduktiv sein, wenn schnell wachsende Unternehmen das Geld stattdessen effektiver in neue Projekte investieren können.
- Wenn Unternehmen hohe Schulden und damit Zinskosten haben, sind Dividenden besonders teuer, weil das Geld besser in die Tilgung investiert werden sollte.
- Die höchsten Dividenden schütten häufig Unternehmen aus, die in Schwierigkeiten sind. Anleger sollten sich nicht allein auf die Höhe der Dividenden(-Rendite) verlassen, insbesondere nicht auf Zukunftsversprechen der Unternehmen.
Was spricht für Dividenden-Aktien (Pro)
Viele Anleger bevorzugen Aktien, die hohe Dividenden ausschütten. Langfristig stellen diese einen wichtigen Bestandteil der erzielten Gesamtrendite dar. Besonders interessant sind sie für Marktteilnehmer, die auf ein regelmäßiges Einkommen aus ihren Portfolios angewiesen sind. So zum Beispiel Rentner, die ihren Kapitalstock möglichst nicht durch Anteilsverkäufe reduzieren möchten.
Dabei trifft es sich gut, dass insbesondere etablierte Unternehmen, die stabile Gewinne erzielen und vergleichsweise krisenfest sind, oft einen großen Teil ihrer Gewinne ausschütten. Damit signalisieren sie wirtschaftliche Stärke und eine gewisse Verpflichtung, ihre Dividendenpolitik dauerhaft beizubehalten. So haben einige Unternehmen ihre Dividenden über Jahrzehnte nicht reduziert.
Im Vergleich dazu sind Aktienrückkäufe stärker von der Konjunktur abhängig. Zwar kann diese alternative Form der Gewinnausschüttung ebenfalls sinnvoll sein. Aber sie ist nicht so verlässlich wie die traditionelle Dividende, die auch in Zeiten schwachen Wachstums und fallender Märkte eine solide Einnahmequelle bietet. Es ist deshalb kein Zufall, dass Dividendenaktien in Wirtschaftskrisen regelmäßig stabilere Kurse sowie eine geringere Volatilität aufweisen. Zudem können Dividenden vor Inflation schützen, wenn die Unternehmen in der Lage sind, entsprechend höhere Preise durchzusetzen.
Das geringere Risiko lässt sich auch auf Unternehmensebene begründen. Hier stellt die Dividende ein disziplinierendes Element dar. Denn dadurch, dass die Ausschüttung von Vornherein eingeplant ist, müssen die Manager vorausschauend denken und Cashflows knapper kalkulieren. Das reduziert die Gefahr, dass unwirtschaftliche Projekte umgesetzt werden – ein Problem, das häufig in guten Zeiten auftritt. Dann nämlich erleichtert es der gefühlte Überfluss, sich in prestigeträchtigen, aber wirtschaftlich überflüssigen Vorhaben zu verrennen. Mit anderen Worten: Dividenden schränken das Management dabei ein, Geld zum Fenster hinaus zu werfen.
Und noch etwas spricht für Dividenden: Sie sind eine regelmäßige „Belohnung“ bzw. ein passives Einkommen für Anleger, die an ihrem Investment festhalten. Es sind die Früchte der Geldanlage, die automatisch gutgeschrieben werden und Anlegern frei zur Verfügung stehen. Das macht Investments greifbarer, da man direkt nachvollziehen kann, dass das angelegte Geld wirklich „arbeitet“. So entsteht ein Anreiz, langfristig am Ball zu bleiben, was nachweislich bessere Renditen ermöglicht als ständiges hin und her.
Was spricht gegen Dividenden bei Aktien? (Kontra)
Die Bedeutung von Dividendenzahlungen wird überschätzt. Für sich genommen sind sie kein „Vorteil“, wie viele Anleger glauben. Denn theoretisch sollte es keinen Unterschied machen, ob Gewinne ausgeschüttet oder einbehalten werden. In der Praxis gibt es aber eindeutig Fälle, in denen Dividenden nicht sinnvoll sind.
So ist es bei jungen und schnell wachsenden Unternehmen wichtiger, ins eigene Geschäft zu investieren und das maximale Potenzial zu entfalten, statt den Spielraum für Innovationen durch Ausschüttungen zu begrenzen. Innerhalb dieser Unternehmen arbeitet das Kapital eben besser als auf dem Konto der Anleger.
Zudem sind Ausschüttungen kontraproduktiv, wenn kein Gewinn erzielt wird oder das Unternehmen hohe Schulden und damit hohe Zinskosten hat. Hier sollte mit dem frei verfügbaren Cash zuerst diese Last reduziert werden. Im Extremfall haben Unternehmen ihre Dividenden sogar direkt über Kredite finanziert, nur um die traditionelle Kontinuität der Zahlung beizubehalten. Das ist natürlich überhaupt nicht im Interesse des Erfinders.
Aber auch klassische Dividendentitel können eine trügerische Sicherheit vermitteln. Denn wer nach den höchsten Ausschüttungsrenditen sucht, landet oft bei Unternehmen, die sich in Schwierigkeiten befinden. Damit sitzen Anleger einer Illusion auf: Der gefallene Kurs der Aktien lässt die erwartete Dividendenrendite steigen, doch nicht selten folgen später Kürzungen infolge des operativ verschlechterten Geschäfts. Letztlich folgt die Dividende der wirtschaftlichen Entwicklung, sodass höher bewertete Qualitätsaktien oft die bessere Wahl sind.
Wichtiger als die Ausschüttung ist dabei ein solides Geschäftsmodell, das sich wie bei sogenannten „Burggraben-Aktien“ verteidigen lässt. Und die besten Aktien zahlen gar keine Dividende, sondern wachsen sehr schnell (und im Idealfall auch profitabel) und erzielen deshalb die höchsten Kursgewinne. Wer also von Vornherein nur auf Dividenden schaut, um passives Einkommen zu erzielen, verpasst die besten Chancen am Markt.
Sind Aktienrückkäufe besser als Dividenden?
Zudem gibt es mit Aktienrückkäufen ein alternatives Instrument zur Gewinnausschüttung, das vor allem in den USA beliebt ist. Die Hauptgründe dafür sind Steuervorteile und eine höhere finanzielle Flexibilität, wann und wie die Rückkäufe erfolgen können. Laut S&P Global sank der Anteil von Unternehmen, die eine Dividende zahlen, von 78 Prozent im Jahr 1980 auf 43 Prozent im Jahr 2018. Gleichzeitig stieg der Anteil von Unternehmen mit Aktienrückkäufen im gleichen Zeitraum von 28 auf 53 Prozent.
Abb. 1: Dividenden und Aktienrückkäufe
Die Grafik zeigt die langfristige Entwicklung von Dividenden und Aktienrückkäufen für alle Aktien im S&P 500 (annualisiert, in Bio. US-Dollar). Während sich die Dividenden (grüne Balken) relativ stabil entwickelten, schwankten die Rückkäufe (blaue Balken) stärker mit dem Börsenverlauf (rote Linie). Allerdings waren die Dividenden nur in schlechten Börsenjahren höher als die Aktienrückkäufe. In Europa fokussieren sich Anleger und Unternehmen aber nach wie vor stärker auf Dividenden.
Quelle: Yardeni Research