Aktuelle News · 20.05.2021

Ratgeber: Confirmation Bias & Geldanlage: So entfliehen Sie der Bubble

Bestätigung suchen und Gegenargumente ausblenden: Der Confirmation Bias kann für Aktionäre teuer werden. Erfahren Sie hier, was es mit diesem psychologischen Effekt auf sich hat, wie Sie ihn bei der Geldanlage umgehen und was der Wirecard-Skandal damit zu tun hat.

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Finanzpsychologie Finanzratgeber

Autor*in Tobias Gabriel

Auf einen Blick: So umgehen Sie den Bestätigungsfehler

  • Menschen neigen dazu, bestätigende Argumente eher zu suchen und besser zu erinnern als Gegenargumente. Dadurch bewegen wir uns oft in einer Meinungsblase. Die Algorithmen von Suchmaschinen und Sozialen Medien tragen ebenfalls zur Bildung dieser Bubble bei.
  • Seien Sie bei Ihren Finanzgeschäften achtsam gegenüber solchen Bestätigungseffekten und suchen Sie gezielt nach Informationen, die gegen Ihre Einstellung zu einzelnen Aktien oder ganzen Anlageformen sprechen.
  • Nutzen Sie unterschiedliche Informationsquellen und Medien. Suchen Sie die Diskussion mit Menschen, die anderer Meinung sind, und seien Sie offen für ihre Ansichten.

Was ist der Confirmation Bias?

Der Confirmation Bias (auch Bestätigungsverzerrung oder Bestätigungsfehler) beschreibt unsere Neigung, bestätigende Informationen für das zu suchen, was wir schon immer denken oder glauben.

Diese kognitiven Denkfehler aus der Familie der „bestätigenden Fehler“ kennt die Psychologie bis heute:

  • Informationssuche: Man sammelt bevorzugt Informationen, die die eigene Annahme stützen.
  • Framing: Man interpretiert neue Informationen so, dass sie zur bisherigen Einstellung passen.
  • Verwerfen: Man verwirft Ideen schneller, wenn sie nicht mit den eigenen Überzeugungen übereinstimmen.
  • Überprüfen: Man meidet typischerweise Gelegenheiten, die eigene Meinung zu hinterfragen.
  • Erinnerung: Man erinnert sich eher an Informationen, die mit der eigenen Position vereinbar sind.

Aktionäre suchen nach Bestätigung

Mit dem Kauf einer Aktie outen Sie sich als ihr Fan. Zuvor haben Sie sie beobachtet und analysiert. Aber wenn Sie sie im Depot haben, müssen Sie überzeugt von ihr gewesen sein. Diese Überzeugung versuchen Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit aufrechtzuerhalten: Selbst, wenn sie schlecht performt, werden Sie Informationen suchen, die für das Halten der Aktie sprechen.

Wenn Sie dem Confirmation Bias unterliegen, widerstrebt es Ihnen, aktiv nach Gegenargumenten zu suchen, negativen Berichten gleichwertige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen oder sich sogar eine Fehlentscheidung einzugestehen und die Aktie zu verkaufen.

Warum wir lieber an das Bekannte glauben

An Stereotype und vorgefertigte Denkmuster zu glauben und das Bekannte vorzuziehen, war in der Evolution des Menschen ein Vorteil. Hatte man schon einmal die richtige Nahrung an einem bestimmten Ort gefunden, war es besser, diesen Ort wieder aufzusuchen. Langes Hinterfragen strengt das Gehirn an und kostet Energie.

Neues auszuprobieren, war viele tausend Jahre lang eher eine Gefahr als ein Vorteil. Die heutige Finanzwelt gibt es so allerdings erst seit ca. 100 Jahren. Das ist auf der Evolutions-Uhr weniger als eine halbe Sekunde. Unser Gehirn ist noch nicht darauf angepasst, gute Finanzentscheidungen zu treffen.

Was hat die Wirecard-Pleite mit dem Confirmation Bias zu tun?

Ein Beispiel ist die Wirecard-Aktie. Sie legte einen triumphalen Börsengang und beachtlichen Kursanstieg hin. Auch Experten haben die Aktie immer wieder in Schutz genommen. So beteuerte Dirk Müller (Mr. Dax) in einem Interview, er habe die Firma und ihre Bilanz intensiv geprüft und sie sei lupenrein. Die BaFin ging gegen Berichte vor, dass die Bilanz zweifelhaft sei und verbot Leerverkäufe auf Wirecard. Der Glaube, dass Wirecard eine tolle Aktie war, wurde vielfach bestätigt.

Andersklingende Medienberichte waren durchaus vorhanden: So berichtete zum Beispiel die Financial Times monatelang über Unregelmäßigkeiten bei dem Finanzdienstleister, die sich im Nachhinein als wahr herausstellen sollten. Das Problem: Wir neigen dazu, Informationen und ganze Medien zu meiden, die unseren (Wunsch-) Vorstellungen widersprechen. Außerdem interpretieren wir neue Informationen häufig so, dass sie zu unserer bestehenden Meinung passen.

Wie Soziale Medien und Suchmaschinen das Problem verschärfen

Die Algorithmen von Sozialen Medien und Suchmaschinen tragen zum Confirmation Bias bei: Sie analysieren unser bisheriges Verhalten in der digitalen Welt und zeigen uns gezielt Informationen und Angebote, die uns mit hoher Wahrscheinlichkeit gefallen oder relevant für uns sind.

Dabei reicht es oft schon, mit einem Freund bei WhatsApp über ein Produkt zu sprechen oder bestimmte Bilder bei Facebook oder Instagram anzuschauen (anschauen alleine reicht bereits, Sie müssen nicht kommentieren oder liken). Googeln Sie häufig Aktien, werden Ihnen wahrscheinlich Broker vorgeschlagen und Werbung von Banken angezeigt. Diese so entstehenden Bubbles verstärken unsere Neigung zum Confirmation Bias zusätzlich.

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