Aktuelle News · 17.12.2021
Ratgeber: Den Ankereffekt bei Aktien und Geldanlagen umgehen
Alles relativ günstig? Das sollten Anleger über den Ankereffekt wissen:
- Ursachen
- Gegenstrategien
- Beispiele aus dem Alltag
Alles relativ: Der Ankereffekt bei Aktien und Geldanlagen
Ist der Referenzwert hoch genug, erscheinen selbst überteuerte Preise relativ günstig: Der Ankereffekt ist ein kognitiver Bias, der bei der Geldanlage und generell im Alltag oft zu Trugschlüssen führt. Erfahren Sie hier, wie Sie den Ankereffekt umgehen können und inwieweit er mit unserer aktuellen Stimmung zu tun hat.
Auf einen Blick: Was ist ein Ankereffekt?
- Das menschliche Gehirn zieht zur Beurteilung eines Preises oder anderer Angaben Referenzwerte heran. Je höher dieser Anker ist, desto günstiger erscheint das tatsächliche Angebot.
- Im Alltag führt der Ankereffekt oft zu unnötigen Ausgaben, zum Beispiel bei der Jagd nach vermeintlich stark reduzierten Schnäppchen oder in Restaurants mit einem teuren Premium-Gericht, das die anderen (dennoch gesalzenen) Speisen günstig erscheinen lässt.
- Besonders verheerend wird der Ankereffekt bei der Auswahl von Aktien. Die wichtigsten Tipps, um dem zu entgehen: Lassen Sie sich nicht von vergangenen Renditen blenden, vergleichen Sie brancheninterne Kennwerte und treffen Sie Anlageentscheidungen nur mit kühlem Kopf und nach gründlicher Reflexion.
Warum kommt es zum Ankereffekt
Unser Gehirn beurteilt den Preis eines Gutes nicht auf absoluter Basis. Woher sollten wir auch wissen, was objektiv ein Auto, ein Smartphone oder ein Unternehmen (eine Aktie) wert sind? Um einen „guten Deal“ zu entdecken, bedient sich unser Gehirn eines einfachen Tricks: Wir suchen nach Ähnlichkeiten, vergleichen und bewerten somit den Wert der zugrundeliegenden Sache relativ. Dieser Trick ist in vielen Bereichen sogar sehr hilfreich, in anderen jedoch fehleranfällig.
So führen falsche „Anker“ zu falschen Bewertungen
Die Finanzpsychologie beschreibt den Effekt, der dabei maßgeblich beteiligt ist als Anchoring: Ein Referenzwert wird in unserem Kopf geankert. Wir bemessen daran, ob eine zu bewertende Sache besser oder schlechter abschneidet.
Warum der Ankereffekt bei Aktien verheerend ist
Was im Restaurant bestenfalls zu einem sehr teuren Abend werden kann, ist bei Investment-Entscheidungen eine große Gefahr. Ankern Sie in Ihrem Kopf falsche Referenzgrößen, um zum Beispiel vermeintlich günstige Aktien ausfindig zu machen, können veritable Fehlinvestitionen die Folge sein. Und auf diese folgen oft weitere kognitive Fehler. Zum Beispiel halten wir üblicherweise zu lange an „Verlierer-Aktien“ fest und verkaufen Gewinner zu früh. Um diese Kaskade von Fehlentscheidungen zu vermeiden, sollten Sie aufmerksam und reflektiert vorgehen.
Neben dem Anker ist auch die Stimmung entscheidend
Forscher vom Boston College in Massachusetts haben in einer Studie nachgewiesen, dass die Stimmung von Menschen einen messbaren Einfluss auf ihre Finanzentscheidungen hat. Menschen, die einen aggressiven Macho-Film gesehen hatten wie „James Bond“, trafen im Anschluss deutlich riskantere finanzielle Entscheidungen. Dasselbe Verhalten wurde beobachtet bei Männern, die gerade aus dem Fitnessstudio kamen, aus dem sie mit einem leistungsbezogenen Geisteszustand heimkehrten.
Beide Effekte waren besonders ausgeprägt bei Männern. Die Gründe dafür sind noch nicht genau erforscht. Die Erkenntnis, dass unsere Stimmungslage einen messbaren Effekt auf unsere Anlageentscheidungen hat, sollte uns – ähnlich wie der zuvor dargestellte Anker-Effekt – zu denken geben. Jemand, der die Routine hat, jeden Sonntag zum Sport zu gehen und sich anschließend um seine Finanzen zu kümmern, könnte andere Anlageentscheidungen treffen, wenn er die Reihenfolge dieser Gewohnheiten umkehren würde.
Abschließender Tipp:
Finanzentscheidungenbei klarem Kopf
Was auch hier hilft, ist das Bewusstsein über diesen Effekt. Hinterfragen Sie Ihre Stimmung, wenn Sie sich hinsetzen, um sich um Ihr Geld zu kümmern. Sind Sie gerade besonders aufgewühlt, traurig oder besorgt, ist es möglicherweise ratsam, die Finanzgeschäfte aufs Nötigste zu beschränken und wichtige Anlageentscheidungen später zu treffen. Eine Anlageentscheidung kann nur dann gut sein, wenn sie konsistent, also auch später noch für Ihre Nerven aushaltbar ist und nicht nur in einem bestimmten Moment.